Sommernacht
Der
Tag war drückend und heiß. Jede Bewegung war anstrengend
gewesen. Es war einer jenen heißen Sommertage in
denen nur kühles Wasser noch Linderung verschaffen konnte.
Doch nun war endlich Feierabend. Zu Hause angekommen aß sie etwas.
Selbst jetzt, abends, war es immer noch warm. Sie folgte ihrer Katze
auf die Terasse. Als sie sich auf die Stufe ihrer Terrasse setzte
fühlte sie die Schwingungen dieses Sommerabends. Es lag eine
Vielzahl von Tönen in der Luft und hier fühlte sie den Abend
in seinen unterschiedlichen Nuancen. Nachbarn nutzten die nahende
Kühle der Nacht zum Gespräch. Sie verstand nicht was sie
sprachen, sie wollte es auch nicht verstehen aber sie hörte die
heiteren Stimmlagen und das war schön. Selbst der nahe Wald
stellte sich auf seine abendliche Geräusche um, leise und
melodiös. Er sah im dunkelwerden irgendwie tröstend und
zuversichtlich aus und so hörte er sich auch an. Hier
bin ich und werde ich auch morgen sein, genauso schön, genauso
geheimnisvoll voller Leben. Der nahe gelegene Bach säuselte vor
sich hin, ganz dezent reihte er sich in die Sinphonie des Daseins.
Ein wunderschöner Abend, nichts trauriges, nichts unheimliches nur
der Einklang des Lebens. In der aufsteigenden Kühle des Abends
schwang der zarte Geruch frisch gemähten Grases mit.
Es war ein Duft wie ich arbeitete hart, nun ruhe ich und morgen wird
weiter geschaftt. Diese Welt, dieser Abend hatte keine
Selbstzweifel, war voller Selbstvertrauen. Man glaubte fast die
einzelnen frischen Kräuter herausriechen zu können.
Natürlich liegt in der Johannisnacht ein besonderer Zauber.
Wieviele Abende hatte sie in der Freinacht feiernd an einem Feuer
gesessen und den alten Gebräuchen und Rieten Achtung gezollt? Aber
der Zauber dieser Nacht war ein ganz anderer. Es war kein Beginn es
schien Mitte zu sein.
Junikäfer benutzten die Terasse als Flugschneise. Manchmal flogen
sie knuffelnd gegen die Markiese oder das Dach. Vielleicht versuchten
sie sich so vor den Fledermäusen zu verstecken, die gleich
wankelden, verschleiernden Gestalten durch die Nacht flogen.
Da hallten zwei Schüsse durch die Gelassenheit des Abends. Richtig
laut und krachend. Gleich begann ein Rabe zu krächzen, als wolle
er Bericht bei längst vergessenen, alten Göttern ablegen. Der
Rabe war ihr richtig sympathisch. Er bot den Jägern dieser hellen
Nacht die Stirn. "Weiter so!", dachte sie; " diese Nacht sollte eine
Zeit des Lebens sein und nicht des Todes!"
Während sie sich so ihren Gedanken hingab, kam plötzlich ein
zarter, gebrechlicher Besucher vorbei. Ein bezauberndes Licht in der
weichen Dunkelheit einer Sommernacht. Das Glühwürmchen flog
ganz nahe an ihr vorbei, stieg in die Luft und es sah aus als
wolle es dem ersten Stern der sich am Himmelszelt zeigte Konkurrenz
machen. Sie staunte wie hoch so ein kleines Tierchen in die Nacht
fliegen konnte. In eine Nacht die so alt und gefestigt schien in der
Drachen und Fabelwesen auferstehen sollten, eine Nacht voller Wunder,
Legenden und Märchen.
Es gibt Nächte die sind wie ein Traum. Sie werden getragen vom
leichten Wind der Bewegung. Sie sind schwer zu beschreiben in ihrer
Schönheit und Einzigartigkeit. Solche Nächte sind Momente des
Verweilens, vielleicht Sekunden der Ewigkeit, Geschenke des Seins. Als
sie sich das Sternenmeer weiter besah, glitt sie langsam über in
das Reich der Träume.