Teil 3
Plumps, Platsch, Spritz, da lag er nun, der kleine Wichtel. Ganz nass
und vor Angst zitternd, trieb er nun in diesem dreckigen Wasser. Wo bin
ich den bloß jetzt gelandet, fragte er sich. Da er nie Schwimmen
gelernt hatte, was er nun aufs Bitterste bereute, rief er laut um
Hilfe. Es war umsonst, niemand schien weit und breit zu sein. Niemand
war da um zu helfen. Seine Magie, die sich nur auf die Heilung von
Krankheiten bezog, konnte ihm nun auch nicht mehr helfen. Er konnte
sich einfach nicht alleine retten.
Tiefer und tiefer sank er in das Kanalisationswasser, das sich wie ein
unterirdischer Fluß dort gesammelt hatte. Es war
äußerst schmutzig und stank fürchterlich. Alles
Abwasser aus den Häusern der Stadt und den dazugehörigen
Fabriken der Umgebung sammelte sich in der Kanalisation und wird dann
zur Reinigung zu den Wasserwerken geführt. Nach der Reinigung wird
es wieder zu Trinkwasser.
Dunkel war es zudem hier. Immer tiefer sank " Naselang". Er konnte bald
nicht mehr denken und atmete immer weiniger und weniger. Plötzlich
spürte er etwas Pelziges, das ihn auf den Rücken nahm und mit
ihm der Oberfläche entgegenschwamm.
Das pelzige Etwas kletterte aus dem Kanalisationswasser und setzte den
kleinen Wicht auf dem Trockenen ab. Als " Naselang" wieder zu Atem
gekommen war und auch wieder klar denken konnte, fragte er das Pelztier
nach seinem Namen und seiner Tierart. Er hatte ein solches Tier im Wald
noch nie gesehen und fragte sich, wie es denn hier wohl überleben
könnte, ohne die frische Luft und das Grün der vielen
Bäume. Hier war es so kalt, dunkel und kahl, kein schöner
Anblick und es roch fürchterlich hier.
Das schwarzgraue Pelztier erklärte ihm, es sei eine Ratte, die
hier in der Kanalisation lebt und sich vom vielen Unrat/ Müll, den
es hier zur Genüge gab, ernährt.
Beide freundeten sich schnell an und jeder erzählte dem Anderen
seine Lebensgeschichte. Unser Wichtelmännchen erfuhr von dieser
lieben Ratte, daß sie " Dreibein" heißen würde, weil
ihr viertes Bein schon vor langer Zeit gebrochen war und sich nicht
mehr bewegen ließ. Daher lebte sie etwas von den anderen Ratten,
die es hier zu Tausenden gab, zurückgezogen und allein. Aber nach
der langen Zeit des Alleinseins, machte es ihr nichts mehr aus, nicht
mehr bei ihrer Familie zu sein. Da " Dreibein" das Leben von "
Naselang" gerettet hatte, würde dieser selbstverständlich
auch helfen und klopfte sich 3 mal auf seine lange Nase, drehte sich
einmal um seine eigene Achse und klopfte die roteStiefelchen
zusammen. Im Nu konnte " Dreibein" sein viertes Bein wieder
bewegen. Er hüpfte, lief und sprang vor lauter Freude herum; jezt
endlich konnte er wieder zu seiner Familie, jetzt konnte er zusammen
mit ihnen jagen, umherlaufen, springen und hüpfen.
Es war schon spät geworden und " Naselang" wollte sich noch einmal
einen Schlafbaum suchen, bevor es morgen wieder abenteuerlich in der
Welt der zweibeinigen Kreaturen wurde. " Dreibein" zeigte " Naselang"
den Weg durch das Labyrinth der Kanalisation.
Als sie draußen standen, schien der Mond wieder voll am Himmel,
die Sterne leuchteten golden und unser Wichtelmännchen dachte
wieder an seine alte Heimat und das Leben, das er dort geführt
hatte.
" Dreibein" lief glücklich zur Kanalisation zurück und freute
sich darauf seine Familie nach so langer Zeit wiederzusehen.
Unser Wichtelmännchen hingegen schlenderte müde und traurig
durch die Straßen und weil er weit und breit keinen Schlafbaum
oder einene gemütlichen Platz zum Schlafen finden konnte, kauerte
er sich in einen Hauseingang, hinter einem Blumenkübel. nach all
der Anstrengung und Aufregung fiel er wieder in einen tiefen Schlaf.
Lange schon war die Sonne aufgegangen, auf den Straßen liefen
wieder die Zweibeinigen Riesen geschäftig umher und dutzende von
Stahlkisten verdreckten wieder die Luft, als " Naselang" aufwachte. Er
streckte und reckte sich und gähnte herzhaft. Plötzlich fiel
ein Schatten auf den kleinen Wicht.
Ein zweibeiniger Miniriese mit einem brünetten Zopf und
weißen Kniestrümpfen schrie plötzlich auf:
" Schau Mami, hier sitzt eine süße kleine Puppe mit einer
lustigen Mütze und so süßen Stiefelchen, ist sie nicht
niedlich? Jemand muß sie hier verloren haben. Ich werde sie mit
in mein Zimmer nehmen und zu meiner Puppensammlung stellen!"
Vorsichtig und behutsam hob dieses kleine Riesenkind unseren Wichtel
hoch und stellte ihn in ein Regal zwischen viele, viele Puppen und
Püppchen.
" Naselang" verhielt sich vollkommen still, kein Laut kam über
seine Lippen, kein Muskel bewegte sich an ihm. Erst einmal wollte er
abwarten un über seine momentane Situation nachdenken.
Es war inzwischen wieder Nacht geworden und unser Wichtelchen konnte
immer noch keinen klaren Gedanken fassen. Er kam von einem Abenteuer
ins Andere, vom Regen in die Traufe. Ich warte am Besten ab bis zum
anderen Morgen dachte er. Das Riesenkind schlief schon einige Zeit und
das Mondlicht schien hell durchs Fenster.
Das Wichtelmännchen legte sich schlafen und träumte wieder
von den Tierkonzerten, von der klaren, guten Luft, seinem
selbstgebrauten Preiselbeerwein und der guten Pfeife. Tränen
liefen ihm über seine Wangen. Morgen würde er versuchen
wieder heimzukommen, zu den Tieren und den Bäumen, die im Winde
rauschten.
Es wurde Morgen und durch das Fenster fielen Sonnenstrahlen auf die
Nase von " Naselang". Plötzlich kitzelte es fürchterlich, er
wurde wach und mußte 3 mal kräftig und laut niesen. Hoppla,
hoffentlich hat mich niemand gehört, dachte er. Doch da hatte er
sich getäuscht.