Jonas und Lukas

Teil 2


Vielleicht war es nur der Wunsch eines guten Freundes, deshalb schwieg Lukas erst einmal über seine mögliche Erkenntnis, zu viel war schon von der weisen und klugen, vorrausschauenden Art seines Freundes auf ihn übergegangen. Er wollte Jonas keine unnötige Hoffnung machen. was Lukas brauchte war ein Beweis. So schlug er seinem Freund vor, die Gewohnheiten des Tieres genau zu erkunden und begeistert willigte Jonas ein. Immer häufiger trafen sie den Delphin und jedes Mal bestätigte sich beim Schwimmen im Wasser der Verdacht des Fischerssohnes. Eines Tages hielt es Lukas nicht mehr aus und offenbarte Jonas die Erkenntnis. Der sträubte sich zuerst dagegen, aber warum hätte sein bester Freund ihn anlügen sollen? So fingen sie systematisch mit Wasserübungen für die Beine an und nach einer gewissen Zeit stellte auch Jonas fest, dass Lukas die Wahrheit gesprochen hattte. Er konnte seine Beine wieder spüren und sie, zwar noch nicht viel, ab er doch schon etwas bewegen. Dann kam der Tag, an dem Lukas seinem Freund die ersten Krügen schenkte. Wie von Sinnen stürzten sich die Freunde in das Training. An jedem Tag floss Schweiß- aber wie groß war die Freude, als Jonas seine ersten Schritte ging. Tage verrannen, Monate vergingen und nur die beiden wussten um ihr Geheimnis.
Dann kam der 45. geburtstag des Herrn Jansen. Alle guten Freunde waren eingeladen und es wurde ein herrliches Fest gegeben. Lukas kam an, wie üblich seinen Freund auf dem Rücken, dann, ganz behutsam  und zart, sezte er ihn ab. Erstaunt hielten die Gäste inne. Es war, als würden sie die Nähe und die Wichtigkeit des Kommenden erahnen. Es herrschte vollkommene Stille und in jener Stille tat Jonas seine ersten Schritte ohne Krügen auf seinen Vater zu. Unermesslich war die Freude der Eltern. Es heißt, manche Ereignisse bestimmen unser ganzes Leben. So wie die Freundschaft zu einem einfachen Fischerssohn den Jonas Jansen das Laufen lente und ihn aus seiner Behinderung rettete, so wurde aus dem einfachen Fischerssohn ein gelehrter Schiffsbauer. Wie das kam?
Wie ihr wisst pflegte der Lukas Schiffsmodelle zu bauen. Eines Tages schnappte sich der Jonas einfach einige der besten und schönsten Modelle seines Kameraden und zeigte sie dem Soersten, dem obersten Schiffskonstrukteurs seines Vaters. Jener Mann, der bald in den Altersruhestand treten wollte, aber erst anch dem er einen würdigen Nachfolger für sich ausgebildet hatte, erkannte direkt das Talent und das Genie hinter der Arbeit. Voller Begeisterung ging Soersten zu Herrn Jansen und erklärte den  jungen Mann ausbilden zu müssen, der diese Werke geschaffen hatte. Die Investition in die Ausbildung des Lukas war für das Haus Jansen ein voller Erfolg. Der Spielkamerad ihres Sohnes entwickelte sich zum Starkonstrukteur, dessen Entwürfe das Haus des Reedereibesitzers zu noch größerem Ruhm gelangen ließ. Natürlich wollten viele Reedereien Lukas bei sich einstellen. Doch seine Familie und er selbst erhielten so viel Geld vom Hause Jansen und die Freundschaft zu jenem Haus und zu Jonas war zu groß, als das Lukas an einen Wechsel auch nur gedacht hätte.
Eines Tages überrschte der ehemalige Fischerssohn seinen Freund mit dem Entwurf einer einzigartigen und genialen Bark. Diese Schiff wurde getreu nach der Vorgabe angefertigt, es war so schnell, dass es schien, als würde die Bark das Meer überfliegen und es war so sicher wie die Freundschaft des Lukas, der über seinen Freund Jonas wachte. Es war das Geschenk eines Freundes, der so viel von seiner Liebe und Füsorge in das Schiff mit einarbeitete, dass Jonas jedes Unwetter über dem Meer überwinden konnte. Mit jener Bark begab sich Jonas auf seine Expeditionen, von denen er stets reich bestückt an wertvollsten Waren, Wissen und neu Erlebtem zurückkehrte. Noch oft saßen die Freunde als Männer über einem Grog beisammen und erinnerten sich ihrer Jugend, ihrer Abenteuer.
Als alter Mann erzählte der Lukas schmunzelnd seinen Enkelkindern wie der Jonas als ein Geschenk für ihn vom Himmel gefallen war und die Enkel erhielten von ihrem " Onkel Jonas" stets eine Rarität von fernen Landen.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.




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