Der Eid



Einstmals zwei Reiche mächtig und groß
und doch verschiedener konnten beide nicht sein.
Das eine war dunkel, erstanden aus der Erde Schoß,
das andere war hell, geschaffen aus Sonnenschein.

Eine Festung stand trotzig mit steinernen Mauern
auf Felsen so hart, durchdrungen mit Edelstein,
im Mondlicht sie funkelten, den stummen Beschauern.
Dort ließ man fürwahr nur den Furchtlosen ein.

Dort hörte man in der nächt`gen Umarmung
nur die Musik der Kinder der Nacht.
Wesen gleich Schatten spannen Umgarnung
dort hielt ein junger Krieger die Wacht.

Unzählige Dunkelheiten stand er am Tor,
war des Königs einziger Sohn,
seinem Reich er die ewige Treue schwor,
seines Volkes Liebe und Achtung war sein Lohn.

Da sah er in Nebel gehüllt ein Leuchten,
ein Gleißen, ein Schimmern ein wundersames Licht.
Unbekannte Gefahren ihm deuchten,
denn er kannte die Tochter des anderen Königs noch nicht.

Ihr war er versprochen seit Kindheitstagen,
ein Eid der beide Reiche band.
Zwei Kinder geboren um das Gute zu tragen.
Das Leid des Krieges durch Beide schwand.

Er griff zum Schwert, zum Kampfe bereit,
da sah er sie- so hold, so zart.
Des anderen Königs Tochter von der Ferne, so weit,
die wie er ihrem Schicksal harrt.

Es sank sein Schwert, sein Knie
das hehre Licht erwärmte sein Herz.
Nein- verletzten könnte er sie nie,
litt unbekannten Schmerz.

Und sie? Sie fühlte wie er.
Erfüllte sie vorher ihr Schicksal mit Wut,
wie schien ihr der Gang so schwer,
so spürte sie neuen Mut.

Er gab ihr die Hand
und beide wandelten in Vollkommenheit.
Geflüstert, gesprochen und unter der Veschwiegenheit Band
erzählten sie Menschenewigkeit.

Als beide sich trennten gab es keinen Krieg,
kein Waffengeklirre, kein Wehgeschrei.
Es gab nur der Liebe Sieg
Was einstmals versprochen war einerlei.

Sie gaben sich Freiheit, sich das Leben
das beide schon wählten vor der Zusammenkunft.
Wenn Schicksalsgöttinen weben
da hilft nur noch des Menschen Vernunft.

An ihrem Webstühlen, lachen leise
die Göttinen über den gebrochenen Eid.
Sie sind so alt und sind so weise
was zählt schon ein Wort in der Ewigkeit?





                                                                                                                                                                                                   Astrid Eifel -Gerber





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