2. Das Elixier der
Lebens
Er war ein alter Mann. Während
er den steilen Weg hinaufstieg, ging sein Atem schwer, sein graues Haar
war schweißdurchtränkt. Obwohl er die Tracht eines Wanderers
trug, erkannte man an seiner Art, dass er sich von den anderen seiner
Gattung unterschied. Er suchte. Die Bewohner des Dorfes hatten sich
lustig über ihn lustig gemacht. Der alte Kauz suche das Elixier
des Lebens. So etwas Dummes! Dabei weiß jeder, dass es nicht
exisitiert.
Er jedoch hatte seine Suche nie aufgegeben. Wie in einem Traum
gefangen, hatte er, kaum erwachsen, das Bündel an einen Stock
gebunden, um in der Welt den reichsten und schönsten Schatz zu
finden. Durch die Tage des Wanderns war sein Gesicht braun gebrannt,
sein Körper jung geblieben. Manchmal hatte er schon daran gedacht,
dass das Wandern vielleicht sein Elixier des Lebens sein könnte,
aber
dann wieder nachts, wenn er träumt, wusste er, das dem nicht so
war.
Das kostbare Nass hielt er dann in seinen Händen, er wurde wieder
jung und ausgelassen und mit braunem Haar scherzte er mit den jungen
Mädchen. Doch kaum wieder erwacht wurden seine Gesichtszüge
hart und verschlossen. Wieder war mit dem gestrigen Tag ein vergeudeter
Tag vergangen.
So in Gedanken versunken, folgte er seinem Weg. Er kam an eine
Stelle, an der sich sein Weg mit drei weiteren Wegen kreuzte. Wie
musste
er gehen, sie musste die richtige Entscheidung sein? Er ging einfach
geradeaus und hoffte, so näher an sein Ziel zu gelangen. Der Weg
wurde steinig. Abgründe taten sich auf. Die Sonne brannte
heiß vom Firnament und es gab keinen Baum, der hätte
Schatten
spenden können. Nachts wurde es so kalt, dass der alte Mann
glaubte erfrieren zu müssen. Trotzdem ging er beständig
seinen Weg. Tag für Tag. Wie viele Tage in dem Auf und Ab der
Hitze
und Kälte vergangen waren, wusste e nicht, er hatte aufgehört
sie zu zählen. Er hatte diesen Weg gewählt und er würde
ihn gehen. Am 10 . Tag, sein Mundvorrat war seit zwei Tagen
aufgebraucht und er schloss seinen Mund um die offene Feldflasche,
wusste er, dass er sein Ziel erreicht hatte. Trotzdem ging er weiter,
setzte beständig taumelnd seine wunden Füße
voreinander. Da stürzte er. Der alte Mann hatte keine Kraft mehr
aufzustehen. So blieb er auf dem harten Gestein liegen, unfähig
aufzustehen und in Gedanken an das Elixier des Lebens gefangen. Er
erinnerte sich seiner Jungend, wie er rotwangige Mädchen bezirzt,
besessen und geliebt hatte. Jung und stark wie er gewesen war, hatte
das
Suchen ihn nie lange an einem Orte verweilen lassen. Die Suche nach dem
Elixier des Lebens! Er hatte das ewige Leben gesucht, sollte er nun den
Tod gefunden haben?
Wie lange er nicht bei Bewusstsein gwesen war, konnte er nur erahnen.
Als er erwachte lag er auf einem harten, aber sauberen Bett. Eine alte
Frau befeuchtete ihm vosichtig die Stirn und den Mund. Das Haar der
Alten war zu einem lockeren Knoten gebunden. Einige der vorderen Haare
hatten sich gelöst und umrahmten ihr liebliches Gesicht. Traurig
ruhten ihre Augen auf dem Wnaderer. Obwohl sie alt war, älter als
er, erschien sie ihm schöner als alle anderen Frauen in
seinem Leben. Verkehrte Welt. Die Falten ihres Gesichtes, die grauen
Haare, die Gestalt, all dies fügte sich zu einer ihm noch nie
begegneten Harmonie zusammen. Wäre sie jünger gewesen,
hätte etwas zu ihrer Vollkommenheit gefehlt. Langsam spürte
er seine
Kräfte wiederkehren. Geraume Zeit darauf war er fähig
aufzustehen. Die Frau hatte den Tisch gedeckt, auf den sie einen aus
Allerlei zusammen gestellten Eintopf brachte.
Schweigend aßen sie, ließen das Ticken der Wanduhr für
sich sprechen, versunken in der Vergänglichkeit der Zeit, im
Betrachten des Sonnenuntergangs. Einem Feuerball ähnlich stand sie
am Horizont, je näher sie dem Tagesende kam, umso mehr loderte sie
auf, um schließlich, wie das letzte Züngeln eines Feuers,
welches sich in sein Schicksal fügt, zu erlöschen. Die Zeit
des Gepräches war gekommen. seltsam mundeten die Geschichten der
Alten. Sie erzählten vom Lieben, vom Leben, vom Tode. Es schien
als tränke er ihre Worte, als würden sie etwas, was ihn
auszuhöhlen schien, besänftigen. Doch dann
erzählte
sie eine Geschichte, die ihn aufwühlte und ihn an seine Suche
erinnerte. Jene Geschichte begann folgendermaßen: